Vintage Design: Merkmale, Wirkung und geeignete Zielgruppen
In ihrem Buch Stile & Looks – Design-Ideen für Print und Web beschreibt Gudrun Wegener die Merkmale des Vintage Designs so:
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Strukturen, Texturen und kleine Unsauberkeiten im Design sind essenziell.
warme, gedeckte, natürliche Farben
wenige Farben, gerne im Komplementärkontrast
statt eines vollflächigen Weiß lieber tonige Hintergrundfarben oder Strukturen
Schriftmix mit starken Charakterschriften
Haptik und Materialien sind wesentlich.
handgemachte Illustrationen und Grafiken, die bewusst wie gealtert aussehen sollen
Highlights sind wichtig.
Fotos haben einen schlüssigen Bildaufbau, gesättigte Farben und klare Strukturen.
[…]
keine geometrischen, konstruierten Schriften
keine Verläufe oder fotorealistischen Grafiken
keine großen Freiräume
[…]
Dazu kommt eine recht üppige und volle Gestaltung, die dem Betrachter eine Menge zu entdecken gibt. Viele kleine Elemente, wie Illustrationen, Stempel, Banner, Schilder, aber auch Ranken, Anker oder Pfeile, sind charakteristisch für diesen Stil und ergeben zusammen den Vintage Look.
DER VINTAGE-STIL IM PRINTDESIGN Haptik ist wichtig! Geben Sie dickem, mattem und strukturiertem Papier immer den Vorzug vor hochglänzendem oder zu dünnem Papier, wenn Sie Ihr Vintage Design betonen wollen.
Und weiter zur Wirkung:
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Das Vintage Design ist rau, kantig, herrlich unvollkommen und weckt so Erinnerungen an das Handwerk und an die nostalgische gute alte Zeit. Damit ruft es im Betrachter so viele vertraute Emotionen hervor wie kaum ein anderer Stil. Gleichwohl ist der Vintage-Stil keinesfalls altbacken oder verstaubt. Ganz im Gegenteil. Indem Sie traditionelle visuelle Elemente mit modernem Design verbinden, erhalten Sie eine Kombination, die Ihre Leser begeistern wird. Dieser Stil ist nicht nur markant und einzigartig, sondern durch die Werte, die er verkörpert, besonders für Produkte, die mit viel Liebe zum Detail von Hand hergestellt wurden, hervorragend geeignet.
Wofür sollte der Vintage-Stil eingesetzt werden? (Zielgruppen)
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Da der Vintage-Stil die Emotionen der Menschen anspricht, eignet er sich vor allem für Unternehmen und Produkte, die eine lange Tradition haben oder die ganz bewusst auf die handgemachten Qualitäten ihrer Produkte hinweisen wollen. Dazu zählen beispielsweise die Produzenten von hochwertigen Spirituosen, wie Gin oder Whiskey, Handwerksbetriebe, Gewürzhersteller, Restaurants mit rustikaler Küche oder auch Hersteller von naturbelassenen Kosmetika. Immer dann, wenn Sie Erfahrung, Handwerk und Tradition ausdrücken wollen, sind Sie mit dem Vintage-Stil gut beraten.
Was uns umgekehrt dazu bringt, Vorsicht walten zu lassen, denn dieser Stil eignet sich nicht für jede Zielgruppe. Zu einem hippen Start-up aus der Finanzbranche mit seinen innovativen und technologischen Themen passen die vermittelten Werte des Vintage-Stils gar nicht. Auch ein modernes Medizinunternehmen sollte es vermeiden, mit dem nostalgischen und antiken Charme zu spielen, wenn es Pharmaka verkaufen will, die den neuesten Stand der Medizinforschung widerspiegeln.
Eins der wohl bekanntesten Logos im Vintage-Design – allerdings nicht, weil es als solches in der Gegenwart kreiert wurde, sondern weil es noch original aus der oben zitierten „nostalgischen guten alten Zeit“ stammt – ist sicherlich das von Coca Cola.
Nachfolgend stelle ich Ihnen noch zwei weniger bekannte Marken vor, deren Vintage-Design erst in der neueren Zeit entstanden ist. Beide Unternehmen haben ihren Sitz in Deutschland. Das eine handelt mit restaurierten Möbeln, das zweite bezeichnet sich selbst als „Neo Vintage Mode und Lifestyle-Magazin“.
In diesem Abschnitt gebe ich Ihnen wieder einen komprimierten Überblick, welche Formen, Muster, Farben, Schrift und Sonstiges – Gudrun Wegener diesmal zur Anwendung im Vintage Design empfiehlt.
a) Schriften (Typografie)
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Welche Schriften sind für das Vintage Design empfehlenswert?
WIE VIELE SCHRIFTEN? Für die meisten Designstile gilt, dass Sie sparsam mit der Anzahl der Schriften umgehen sollten. Beim Vintage Design ist es jedoch anders. Dieses Design lebt erst durch die Kombination unterschiedlicher Schrifttypen und erhält so seine typische Optik. Wie Sie bereits wissen, können Sie auf die große Bandbreite der Hand-, Serifen- und serifenlosen Schriften zurückgreifen. Besonders schön wirkt das Vintage Design, wenn Sie sich auf zwei bis drei Schrifttypen festlegen und diese dann bei Bedarf in mehreren Schriftschnitten verwenden. Lassen Sie sich durch diese Vorgaben jedoch nicht zu sehr einschränken, und behalten Sie immer die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten im Blick, denn erst diese lassen Ihr Vintage Design lebendig wirken.
b) Farben
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Das Vintage Design wird dominiert von warmen, satten und erdigen Tönen, die an alte Fotografien, Leder, Holz oder altes Papier erinnern. Helle, strahlende Pastelltöne sucht man hier vergebens. Alle Farben sind gedeckt und bringen so einen Hauch von Vergangenheit in das Design. Dazu passt, dass dieser Stil mit nur wenigen Farben auskommt. Ein Farbton verkörpert hierbei immer die dominante, ausschlaggebende Farbe und wird dann durch zwei bis vier weitere Farben ergänzt.
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Besonders Braun-, Sepia-, Gelb- und Beigetöne findet man im Vintage Design in allen Facetten. Diese Farben harmonieren sehr gut miteinander und geben Ihrem Design einen schönen, einheitlichen Basislook. Doch analoge Farben allein wären viel zu langweilig für das Vintage Design. […], denn gerade Komplementärkontraste sehen im Vintage Design besonders schön aus. […] Zu Braun und kräftigen Orangetönen beispielsweise passt ein gedecktes Blau. Zu einem dumpfen Hellgelb passt ein sattes, tiefes Violett, und Weinrot lässt sich sehr gut mit Grün kombinieren.
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Hintergrundfarben anstelle von Weiß werden im Vintage Design viel und gerne eingesetzt. Vor allem im Webdesign geben Sie der Gestaltung auf diese Weise einen einheitlichen Look und bieten eine stimmige Alternative zum reinweißen, strahlenden Hintergrund.
c) Illustrationen und Grafiken
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Illustrationen und Grafiken sind in der Regel in nur einer einzigen Farbe gehalten und mit sehr viel Realitätstreue gezeichnet. Sie erinnern an Abbildungen aus alten Lexika, als in der Gestaltung Illustrationen statt der heutigen Fotografien vorherrschend waren. Kommen Farben hinzu, dann nur als Fläche und sehr gezielt eingesetzt. Realistische Verläufe, 3D-Effekte oder hochauflösende Grafiken gibt es im Vintage Design nicht. Denken Sie an die Druckplatten, mit denen die Abbildungen früher umgesetzt wurden. Da musste für jede Farbe ein weiterer Farbauftrag vorgenommen werden – immer verbunden mit viel Arbeitszeit, hohem Materialverbrauch und natürlich auch steigenden Kosten. Einfache, farblich reduzierte Grafiken waren daher an der Tagesordnung. Der detailgetreue Zeichenstil ersetzte die Farbvielfalt bei großen Abbildungen, wodurch auch für das moderne Vintage Design eine Optik vorgegeben wird. Kleine Grafiken sind im modernen Vintage-Design ebenfalls einfarbig, jedoch weit weniger detailliert gezeichnet.
d) Banner
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Banner, Badges, Abzeichen sowie Wimpel erfüllen alle den gleichen Zweck. Sie geben den Inhalten einen Rahmen, heben Informationen hervor und ermöglichen es, das Design kleinteiliger und interessanter zu gestalten, ohne dafür mehr Farben verwenden zu müssen. Freiflächen, die Sie in anderen Stilen für die Strukturierung und Sortierung der Inhalte nutzen können, stehen Ihnen ja im Vintage Design nur in geringem Ausmaß zur Verfügung – zu kleinteilig und üppig ist dieser Look.
e) Strukturen und Texturen
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Auch Strukturen und Texturen, die an echte Haptik und fühlbare Materialien erinnern, helfen Ihnen dabei, ein charakterstarkes Vintage Design zu entwerfen. Sie erreichen diesen Effekt, indem Sie einen Filter oder eine halbtransparente Maske über Ihre Grafiken, Farbflächen und Abbildungen legen. Auch für Fotos können Sie diese Technik nutzen, um Ihrem Design einen einheitlichen Look zu geben.
Hochauflösende Fotos, die bis ins letzte Detail jeden Winkel zeigen und ausleuchten, gibt es im Vintage Design nicht. Stattdessen treffen Sie hier auf stimmungsvolle Aufnahmen, die mit gebrochenen und satten Farben arbeiten. Fotoaufnahmen waren früher teuer und etwas Besonderes, das entsprechend sorgsam behandelt wurde.
Die Motive auf alten Fotos sind aus diesem Grund immer überlegt, genau in Szene gesetzt und wirken nach heutigem Empfinden oft ein wenig gestellt. Das tut ihrem Charme jedoch keinen Abbruch.
Es gibt einen klaren, überlegten Fokus im Foto.
Es gibt keine zufälligen Schnappschüsse mit Anschnitten.
Abgebildete Personen stehen im Zentrum des Bildes.
Gegenstände werden zunächst genau ausgerichtet und dann erst fotografiert.
Hintergründe sind manchmal unscharf, weil sie für das Foto nicht so entscheidend sind.
Ob ein Foto zum Vintage Design passt, hängt aber nicht nur vom Aufbau, sondern vor allem von der Farbe und auch hier wieder von der Struktur ab. Achten Sie darum unbedingt darauf, eine kleine Farbpalette mit gebrochenen, natürlichen und warmen Farben zu nutzen. Auch einfarbige Fotos lassen sich stimmungsvoll im Vintage Design einsetzen. Verwenden Sie jedoch anstelle von harten Schwarzweißfotos lieber Sepiatöne, denn diese passen viel besser zum Stil.
Vintage Design am Praxisbeispiel von »up-art«: Logo, Print & Web
Auf Grundlage der hier festgestellten Merkmale und gestalterischen Mittel, habe ich für das Praxis-Projekt nun folgendes Design entworfen:
Denken Sie bei der Farbauswahl daran, dass Ihr Design auch in Schwarzweiß (siehe Logo) über ausreichend Kontraststärke verfügt.
Kunden und Gewerbe, die sich über das Vintage Design finden
Der Kunstbereich eignet sich, abhängig von der jeweiligen Stilrichtung,
nur bedingt für den Vintage-Look als Corporate Design. Erste Voraussetzung ist
selbstverständlich, dass die Objekte, wie in unserem Praxisbeispiel, zumindest von
Hand gefertigt und nicht als Digital Art am PC entstanden sind. – Außer natürlich,
Sie sind Fotograf und arbeiten überwiegend mit Vintage-Motiven. ????
Darüber hinaus gilt der weiter oben bereits zitierte Grundsatz: »Immer
dann, wenn Sie Erfahrung, Handwerk und Tradition (Anm. von mir: oder auch Nostalgie,
so beispielsweise in Bezug auf Fashion und Lifestyle) ausdrücken wollen, sind
Sie mit dem Vintage-Stil gut beraten.« Alter und Geschlecht der Zielgruppe
spielen hier übrigens – abgesehen von Ihrem eigentlichen Waren- bzw. Dienstleistungsangebot
– keine Rolle.
Im nächsten Beitrag werde ich die Stilrichtung „Glamouröses Design“ besprechen.
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