Wie schon in den vorangegangenen Beiträgen zur Blog-Serie »Corporate Design – Mit Leichtigkeit den passenden Stil & Look bestimmen« behandle ich auch hier zunächst die Merkmale, Wirkung und geeigneten Zielgruppen für das illustrative Design; dazu die gestalterischen Mittel wie u. a. Layout, Schriften und Farben; bevor es dann im praktischen Teil mit dem Gestalten einer Drucksache sowie Website wieder an die Umsetzung am Praxisbeispiel von »up-art« geht.
Illustratives Design: Merkmale, Wirkung und geeignete Zielgruppen
In ihrem Buch Stile & Looks – Design-Ideen für Print und Web beschreibt Gudrun Wegener die Merkmale und Wirkung des illustrativen Designs so:
❞Stilistisch stehen Ihnen für die Illustrationen alle Techniken und jede Ästhetik zur Verfügung, die Sie sich vorstellen können. Von der leichten Bleistiftzeichnung über fließende Aquarellzeichnungen bis hin zu auffälligen digitalen Collagen oder rustikalen Drucken ist alles möglich.
[…]
Illustrationen sind individuell, haben Hunderte unterschiedliche Gesichter und können jede gewünschte Emotion widerspiegeln. Informativ oder verspielt, einfach oder skurril, roh von Hand gezeichnet oder absolut realistisch digital aufgebaut – Illustrationen lassen sich für alle Designs und sämtliche Anwendungsbereiche verwenden.
Durch die unglaubliche Vielzahl an Stilen und Looks können Sie für jedes Designprojekt die passende Bildsprache entwickeln und kreativ umsetzen. Selbst komplexe und schwer verständliche Inhalte werden so leicht nachvollziehbar, und Sie erreichen Ihre Leser auf eine kreative und emotional ansprechende Art. Ein zusätzlicher Vorteil von Illustrationen ist der hohe Wiedererkennungswert.
Wofür sollte das illustrative Design eingesetzt werden? (Zielgruppen)
❞Illustrationen sind die richtige Option für Ihr Design, wenn …
- der Betrachter eine schnelle und intuitive Beziehung zu Ihrem Design aufbauen können soll,
- Ihr Design ein abstraktes oder schwer greifbares Thema hat, wie beispielsweise bei Strategien, Entwicklungen oder Prozessen,
- komplexe oder sehr zahlen- oder statistiklastige Inhalte leicht verständlich aufbereitet werden sollen,
- Ihr Designkonzept Bildelemente enthält, aber dem Betrachter trotzdem möglichst viel Spielraum für eigene Interpretationen eingeräumt werden soll,
- dem Betrachter zuallererst ein emotionaler Zugang zu Ihrem Produkt oder zu dem Design eröffnet werden soll,
- eine ganze Story oder schrittweise Entwicklung visuell dargestellt werden soll.
Die gestalterischen Mittel für das illustrative Design
In diesem Abschnitt gebe ich Ihnen wieder einen komprimierten Überblick, welche Formen, Muster, Farben, Schrift und Sonstiges – Gudrun Wegener diesmal zur Anwendung im illustrativen Design empfiehlt.
a) Schriften (Typografie)
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- Glatte Vektorillustrationen harmonieren hervorragend mit der schnörkellosen Optik moderner und gut lesbarer serifenloser Schriften aus dem Flat Design.
- Zu verspielten und leichten, lichtdurchlässigen Aquarellzeichnungen passen Serifenschriften oder Handschriften, die ebenfalls eine lebendige Strichstärke mit zarten und breiten Linien aufweisen, wie sie im dekorativen oder im modernen Design vorkommen.
- Schnelle, von Hand festgehaltene Strichzeichnungen, gemixt mit einer individuellen Handschrift […], ergeben ein schönes, einheitliches Bild.
Sie möchten die Schrift noch weiter in den Hintergrund stellen? Dann wählen Sie eine klare, gerade Schrift, die wenig eigene dominante Merkmale hat. Das lässt den Illustrationen noch mehr Raum zur Entfaltung. Gerade sehr detaillierte und strukturierte Bilder profitieren in einem ganz besonderen Maß von einem derartigen Designaufbau.
Das Bild im Mittelpunkt: Gibt es in der Illustration viel zu entdecken, dann profitiert Ihr Design von einer gleichmäßigen Schrift, die wenig eigene auffällige Merkmale aufweist.(Screenshot: smashmallow.com; Stand: 07/2019)
b) Farben
❞[…] In diesem Designstil können Sie aus dem Vollen schöpfen und jedes Farbkonzept anwenden, das Ihnen gefällt und das mit der geplanten Bildstimmung harmoniert. Stellen Sie dennoch sicher, dass Ihr Design farbig wirkt, aber nicht kunterbunt oder willkürlich erscheint.
Auf der Suche nach der richtigen Kombination helfen Ihnen auch hier wieder die vorgestellten Designstile. Fragen Sie sich vor der Farbzusammenstellung:
- Welche Zielgruppe will ich mit meinem Design erreichen?
- Welchen Charakter soll das Design erhalten?
- Welche Designstile spiegeln meine Ziele wider?
- Und schließlich: Wie kann ich diese Farbkombinationen in die Illustration und das Design einfließen lassen?
Ganz wichtig sind auch die in der Illustration verwendeten Hauptfarben. Greifen Sie einige Farbtöne davon auf, und verwenden Sie diese für Überschriften oder Hervorhebungen im Text. Selbst solch kleine wiederkehrende Übereinstimmungen geben Ihrem Design ein einheitliches Bild und schaffen eine Verbindung zwischen Illustration und Text.
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Nur drei Farben (Schwarz, toniges Weiß und ein sattes Gelb) und zwei Schriftarten bereiten die optimale Bühne für die detaillierte und historisch anmutende Illustration, die der absolute Blickfang für dieses tolle Design ist. (Screenshot: ginventory.co; Stand: 07/2019)
c) Varianten des illustrativen Designs
❞GROSSFORMATIGE ILLUSTRATIONEN
Den Anfang machen Illustrationen, die tatsächlich den gesamten zur Verfügung stehenden Raum einnehmen. Hier dreht sich alles um die Darstellung und die Wirkung, die die Illustration im Betrachter wachruft. Sehr atmosphärische, detaillierte, farbintensive oder abstrakte Illustrationen eignen sich besonders gut für diese Form der Darstellung. Geben Sie Ihrem Leser etwas zu entdecken und der Illustration genügend Raum, damit sich der Betrachter in die Bildsituation hineinversetzen kann.Wenn Sie Illustrationen großformatig einsetzen, bleibt im Designformat nur wenig Platz für Schriften und weiterführende Informationen. Aus diesem Grund eignet sich diese Verwendungsform vor allem für Cover, Highlights oder vollformatige Sonderseiten, um beispielsweise einen umfangreichen Text aufzulockern.
Vollformatige, atmosphärische Illustrationen laden den Betrachter geradezu dazu ein, sich voll und ganz auf das Designthema einzulassen, und wirken als hochwertiger Blickfang.
© Gudrun WegenerFARBREDUZIERTE ILLUSTRATIONEN
Illustrationen müssen aber gar nicht vielfarbig sein, um aufzufallen. Denken Sie an die Drucke und detailgetreuen Abbildungen von Flora und Fauna, die Sie aus alten Büchern kennen. Oder an feine Bleistiftzeichnungen, die nahezu jedes Haar und jede Bewegung des gezeichneten Objekts eingefangen zu haben scheinen. Diese Arbeiten bezaubern allein durch ihre hohe Qualität. Sie brauchen keine oder nur sehr wenige Farbtöne, um zu überzeugen.Durch den reduzierten Einsatz erhalten Farben jedoch eine besonders starke Bedeutung, wenn sie in diesem Design verwendet werden. Setzen Sie diesen Kontrast ein, um wichtige Teilbereiche in den Abbildungen oder in der Schrift hervorzuheben. Selbst umfangreiche Textmengen lassen sich mit diesem Illustrationsstil gut kombinieren.
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Detaillierte und handwerklich hochwertige Illustrationen brauchen nicht viel Farbe, um zubegeistern. © Katrin de Buhr/Designstuuv
OFFENE UND UNMITTELBARE HANDZEICHNUNGEN
Schnell, roh und unmittelbar hingegen wirken Illustrationen, denen man den von Hand geschaffenen Zeichenprozess noch ansehen kann. Hier gibt es keine langen und kontrollierten Techniken, kein Herantasten an die richtige Form, um das Objekt perfekt wiederzugeben. Dieser Illustrationsstil ist schnell und will direkt an den Betrachter weitergeben, welche Emotionen in dem Design wichtig sind. Offene Striche, Farbkleckse oder Zeichenspuren geben dieses hohe Tempo wieder.Dieser Stil passt somit vor allem zu emotionalen Inhalten, die keine komplexen Hintergrunderklärungen benötigen. Geschichten, persönliche Entwicklungen oder individuelle Einschätzungen lassen sich so ideal bebildern. Für Zahlen, Statistiken oder wissenschaftliche Inhalte ist diese Technik hingegen ungeeignet und viel zu unkonkret. Die verwendete Typografie kann die Zeichenmaterialien und Farben der Illustration wieder aufgreifen, wenn Sie den Zusammenhang zwischen den Designelementen betonen wollen. Handzeichnungen haben aber auch ohne diese Verbindung genügend Präsenz und können sowohl mit langen als auch mit kurzen Texten kombiniert eingesetzt werden.
Dynamische Zeichenspuren auf einer schnell von Hand festgehaltenen Illustration vermitteln dieEmotionen der Abbildung unmittelbar und direkt an den Betrachter. © Gudrun Wegener
STRUKTURIERTE MATERIALIEN FÜR ILLUSTRATIONEN
Die Wirkung der Illustrationen ist aber nicht nur vom Motiv abhängig. Auch die verwendeten Materialien haben einen starken Einfluss auf die kommunizierten Emotionen. Eine flächig gedruckte Grafik auf glattem, leicht glänzendem Papier bewirkt eine komplett einheitliche Optik – perfekt für eindeutige Emotionen und zielgerichtete Inhalte. Wird die gleiche Grafik auf einem stark strukturierten Leinenpapier gedruckt, so ist das Ergebnis ein völlig anderes. Die Farbe wird die ungleichmäßige Oberflächenstruktur betonen, das Licht fängt sich in den Höhen und Tiefen unterschiedlich, und der Farbauftrag wird Unebenheiten aufweisen. Aufgrund so vieler Feinheiten und Differenzen eignet sich die auf diese Weise gedruckte Illustration für differenzierte Themen, emotional aufwühlende oder strittige Inhalte sowie für Emotionen, die nicht eindeutig oder vorgegeben sind.Strukturen und Materialien beeinflussen unsere Wahrnehmung und können einer Illustration mehr Aussagekraft geben. Damit eignet sich dieser Stil gut, um emotionale Themen abzubilden, wie bei diesen individuell gestalteten Beileidskarten. © Nicola Kühn/Soulful Graphic Design
DIGITALE ILLUSTRATIONEN MIT SYMPATHISCHEN HAUPTDARSTELLERN
Sie sind auf der Suche nach einem Illustrationsstil, der glatt und einheitlich ist? Dann können digitale Illustrationen genau das sein, was zu Ihrem Designprojekt passt. Anders als Handzeichnungen werden diese Abbildungen direkt am Rechner gezeichnet. Änderungen und Erweiterungen in Form, Farbe oder Darstellung sind so viel leichter umsetzbar als bei einer Zeichnung auf Papier. Sie können so eine ganze Reihe von Illustrationen erstellen und jederzeit auf die bereits vorliegenden digital gezeichneten Abbildungen zurückgreifen oder diese neu arrangieren. Besonders beliebt unter den digitalen Zeichnungen sind figurative Illustrationen. Geben Sie Ihrem Design ein Gesicht mit einem Maskottchen oder einer Person, die durch alle Ihre Illustrationen hindurch konsistent bleibt. Menschen mögen diese Sympathieträger, und es fällt leicht, sich mit diesen Figuren zu identifizieren. Nicht grundlos prangen auf allen Cornflakes-Verpackungen lustige Tierfiguren, Sportvereine haben ihre individuellen Maskottchen, und Softwarehersteller setzen auf sympathische Comiccharaktere, die ihre Programme erklären. Da Sie digitale Illustrationen in jedem Stil zeichnen können, lassen sich auch alle Arten von Schriften und Farben einsetzen, solange sie ein harmonisches Gesamtdesign ergeben.Digitale Illustrationen eignen sich für alle Anwendungsbereiche und lassen sich leicht aufunterschiedliche Designformate übertragen. © Gudrun Wegener
ILLUSTRATIONEN ALS MUSTER VERWENDEN
Muster sind ein wunderbares Gestaltungsmittel für Designer, da sie sich nahezu für alle Anwendungsbereiche und Themen eignen. Corporate Designs beispielsweise erhalten einen einheitlichen Look, Social-Media-Grafiken einen roten Faden und Einzeldesigns ein optisches Highlight. Dabei können Sie nahezu jede Bildsprache umsetzen. Je nachdem, für welche Motive Sie sich für das Muster entscheiden, kann Ihr Design verspielt, ernst, auffällig oder wunderbar filigran aussehen.[…]
Die Illustration für einen Winterwein als Sonderedition darf gerne auch verspielt sein. Handgezeichnete Wintermotive passen da sehr gut ins Muster und machen das Design zu einem individuellen Hingucker. © Gudrun Wegener
Illustratives Design am Praxisbeispiel von »up-art«: Print & Web
Auf Grundlage der hier festgestellten Merkmale und gestalterischen Mittel, habe ich für das Praxis-Projekt nun folgendes Design entworfen:
Kunden und Gewerbe, die sich über das illustrative Design finden
Ein illustratives Corporate Design eignet sich besonders, wenn Sie – bspw. als Startup aus der Kreativbranche – eine jüngere und kreativere Zielgruppe ansprechen möchten. Diese Zielgruppen sind oft technikaffin und schätzen visuelles Storytelling sowie eine spielerische Gestaltung.
Auch Unternehmen, die sich an ein familienorientiertes Publikum richten, können von einem illustrativen Corporate Design profitieren. Durch die Verwendung von kindgerechten Illustrationen und Farben können sie eine warme und freundliche Atmosphäre schaffen, die Eltern wie Kinder gleichermaßen anspricht.
Ein weiteres Beispiel sind Unternehmen aus dem Bereich der Nachhaltigkeit, die häufig ein illustratives Corporate Design wählen, um ihre Werte und Verbundenheit zur Natur visuell darzustellen. Diese Zielgruppe ist meist umweltbewusst und wertorientiert, und sie schätzt eine authentische sowie natürliche Gestaltung.
Zu guter Letzt ist es aber auch für eine Künstlerwebsite ausgesprochen einfach, das Layout mit einer großformatigen Illustration zu gestalten. ????
Die Blog-Reihe ist damit vollständig
Ein paar Varianten aus dem Buch von Gudrun Wegener habe ich bewusst ausgelassen, weil sich mir die Unterschiede gegenüber den hier behandelten als zu gering darstellten.
Was noch folgt, ist eine Übersicht als gesonderter Beitrag, um geneigten Interessenten die Auswahl eines für ihr Projekt passenden Designstils zu erleichtern.
Ich hoffe, Sie mit dieser Serie ein wenig inspiriert zu haben. Und für einen individuellen Entwurf können Sie mich selbstverständlich gerne jederzeit kontaktieren.
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Aktualisiert am 11. Mai 2023